Von Aarburg zum Bieler See

7. Tag (Mittwoch, 24.6.)


Der nächste Tag schien auch besser zu werden. Peter war zwar immer noch nicht fit, aber wenigstens das Wetter wurde besser. Doch der Schein trügte. Schon Vormittags fing es wieder zu regnen an, und Peter bekam auch noch üblen Durchfall.

Zuerst mussten wir auch noch eine Karte kaufen, das Stück zum Bieler See fehlte uns. Jetzt sollten wir Peter's Sparsamkeit büßen. Wir mussten von der Aare weg, um in eine größere Stadt zu kommen, in der es die Karten gab. Doch bis wir die Karten hatten, war es schon beinahe Mittag und wir hatten noch fast nichts von unserer Strecke geschafft. Das wäre ja nicht weiter schlimm gewesen. Nur befanden wir uns gerade in einem Teil der Schweiz, in dem sehr wenig Fremdenverkehr war, und dort sind die Zeltplätze sehr rar. Laut Karte war der nächste Zeltplatz am Bieler See, noch 60 km, und das mit Peter's Durchfall. Also traten wir trotz Regen in die Pedale und fuhren weiter.

Am Nachmittag zog dann auch noch ein Gewitter auf, und da gibt's für mich nur zwei Möglichkeiten. Entweder irgendwo in eine Kneipe und das Gewitter abwarten, oder einen Zahn zulegen und davon radeln. Da das letztere nicht möglich war (das Gewitter kam direkt auf uns zu), suchte ich eine Kneipe. Als der erste Donner grollte waren wir natürlich auf freiem Feld, und Peter hatte wieder einmal ein dringendes Bedürfnis. Ich sauste trotzdem so schnell ich konnte ins nächste Dorf und suchte einen Unterschlupf.

Das Gasthaus hatte zwar Ruhetag, aber der Besitzer hatte Mitleid mit uns, ließ uns ins Haus und versorgte uns mit Limonade. Ich war schon ziemlich unruhig, es war schon fast vier Uhr und wir hatten noch 40 Kilometer bis zum Bieler See zu radeln. Das Gewitter zog bald weiter und wir beschlossen zurück zu fahren, und uns ein Zimmer zu suchen. Doch leider waren wir in einer Gegend, in der sich Fuchs und Hase "Gute Nacht" sagen, und außerdem hatten alle Hotels und Gasthöfe Ruhetag. Verzweifelt klapperten wir die wenigen Hotels ab, aber entweder waren sie zu, oder wir waren ihnen nicht fein genug. Es ist natürlich auch etwas anderes, wenn man mit einem Auto vorfährt, als total verregnet in einer Regenkotze vor der Tür zu stehen. Nach einer Stunde packte mich die Wut, und wir fuhren doch noch weiter, zum Bieler See. Diesmal fuhr ich voran, und Peter mit kleinen Unterbrechungen ("Halt mal an, ich muss mal" - "Ja, gleich da vorne" - "Nein, nicht da vorne, jetzt, sofort...") hinterher.

--- Brotzeit ... oder ... wann geht's endlich weiter? ---

Es ist zum Verzweifeln, wenn man weiß, daß die Zeit drängt, und man kann trotzdem nicht drauflos fahren. Wenigstens hatte es zu regnen aufgehört und bergig war's auch nicht zu sehr. Um halb neun sind wir dann total fertig an einem Zeltplatz angekommen, an dem schon alles ganz dunkel war. Wieder mal ein Dauercamperplatz, aber das war uns egal. Ich klingelte die Besitzerin heraus und Peter suchte sich eine Toilette. Der Zeltplatz gehörte einer jungen Frau, die sehr nett war. Ein kleiner freier Platz vor dem Laden war vorhanden, dort durften wir unser Zelt aufbauen, auch den Laden machte sie noch einmal auf. So konnte ich wenigstens noch etwas zum Abendessen kaufen und auch ein Fläschchen von dem Roten Saft...

Da Peter "verhindert" war, half mir Kathrin beim Zeltaufbau. Die Kinder hatten sich an diesem Tag ganz vorbildlich benommen. Sie waren schließlich von Morgens bis spät Abends auf dem Rad oder im Hänger gesessen und hatten nicht ein einziges Mal gejammert. Ich hab' sie echt bewundert und war auch stolz auf sie. Peter ist ganz erschöpft ins Bett bzw. in den Schlafsack gefallen, während die Kinder und ich noch etwas aßen. Danach schrieb ich noch ins Tagebuch und trank genüsslich meinen Wein. Den ganzen Nachmittag hatte mich der Gedanke an ein Gläschen Wein vor unserem Zelt aufrecht gehalten. Manchmal zweifelte ich schon daran, daß wir es schaffen würden, doch dann hatten wir es doch überstanden.

In 7 Tagen hatten wir nun schon 480 Km hinter uns gebracht, ohne große Zwischenfälle, die Kinder hatten ihr Sitzfleisch und ihre gute Laune unter Beweis gestellt, und die Blessuren hielten sich auch in Grenzen. Außer meiner linken Schulter, den Ellenbogen und dem Hintern tat mir nichts weh. Das war schon ein Gläschen Wein wert.


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