Auf gesperrten Straßen nach Landeck (83 Km)


Mittwoch, 24. August 2005
Landeck, Camping ??? **, Km Stand: 1038
Prad am Stilfserjoch - Reschenpass (1530 Meter) - Landeck (880 Hm)

Jetzt sind wir glücklich in Landeck angekommen, nach wieder einmal über 80 Kilometer, die - das kann man ruhig sagen - teilweise einzigartig waren. Schon der Start war ungewöhnlich früh, bereits um 8.30 Uhr fuhren wir in Prad los, in der Hoffnung über den Reschen zu kommen. Zunächst ging's erst mal weiter das Vinschgauer Tal hinauf, erst ganz harmlos, aber der Wind setzte bald wieder ein und sorgte für zusätzliche Belastung.

--- Blick aufs Stilfserjoch ---

Die Ausblicke entschädigten für vieles, sie waren einfach wieder nur grandios, hinter uns die verschneiten Berge des Stilfserjoch, vor uns die herrlichen Bergwiesen des Reschen, unterbrochen von kleinen Dörfern. Wir mussten heute sehr oft zum Fotografieren stehen bleiben, obwohl wir ja wussten, dass wir mindestens 600 Höhenmeter hoch mussten.

--- Seit 150 Kilometern fast nur Radwege - ein Traum für "Touris" ---

Nach dem "Einrollen" ging es ziemlich bald mit den Steigungen los. Da der Weg auf der Italienischen Seite ausschließlich auf Radwegen oder kleinen Nebenstrassen gefahren wird, hatten wir nicht die sanften Anstiege die der Reschenpass normalerweise auf dieser Seite bietet. Es ging von einem Dorf eine kleine Straße direkt zu einer Burg hinauf, und diese Wege hatten oft recht heftige Steigungen. Oftmals zwischen 14 und 16% Steigung, Gott sei Dank immer wieder von kurzen flacheren Stücken unterbrochen. Der Schlussanstieg zur Burg hinauf hatte dann 21%, da mussten wir beide kapitulieren und das letzte Stück schieben, aber auch das war mit dem ganzen Gerödel auf dem Rad ganz schön anstrengend.

--- vorbildliche Beschilderung ---

Danach kamen zwar noch ein paar kurze, kernige "Stutz" bergauf, aber es war alles zum Radeln. Als wir den ersten See erreichten, dachten wir nun fast alle Anstiege geschafft zu haben. Doch leider wählten wir die Route links des Reschensee, und da hatten wir dann noch eine Fleißaufgabe vor uns,  fast nochmals 100 Hm zusätzlich. Allerdings eine wunderschöne Bergstraße, die ich bestimmt mehr genossen hätte, wenn wir nicht schon zuvor die ganzen Höhenmeter von Prad bis hierher in den Beinen gehabt hätten.

Doch die Belohnung für die Anstrengung kam sofort. Wir fanden eine Schloss-Gaststätte, wunderschön direkt am Reschensee gelegen, mit Terrassen und Blick auf die Berge. Allein das war schon grandios. Es war wunderbar warm, windgeschützt, und - was schon fast an ein Wunder grenzt - diese Gaststätte war billig und der Wirt hat ein Herz für Radler. Es gab einen "Biker Nudelteller" der nicht nur grandios schmeckte, sondern auch riesig war. Dieses "Schlössl am See" werden wir uns merken!

--- Wie im Film, oder? Das "Schlössl am See" ---

Wir wollten schon gar nicht mehr losfahren, doch irgendwann mussten wir ja weiter. Der Chef persönlich füllte mir unsere Radlflaschen auf, mit "5 Grad" kaltem, exzellentem Quellwasser, und dann fuhren wir weiter. Einen leeren - weil gesperrten - Reschenpass hinunter. An der Grenze fragten wir die Posten, ob wir weiterfahren können, sie schauten uns nur an und meinten dann "no jo, mit'n Radl wird's schon gehn". Kurz darauf trafen wir zwei Mountainbiker die von unten kamen, die meinten "bis Pfund geht's schon, dann müssen wir halt schauen". Also fuhren wir durch eine Wiese um den geschlossenen Schlagbaum vor dem Pass zu umgehen und los ging's, die gesperrte Passstraße hinunter. Ein beeindruckendes Erlebnis, durch all die Tunnel und Kehren, mutterseelenallein auf dem Rad, fast schon unwirklich.

In Pfunds angekommen sahen wir dann das ganze Ausmaß der Katastrophe. Ein Bach, der normalerweise 15 Meter in einer Schlucht im Berg fließt, war aus dem Berg herausgekommen und mit dem ganzen Schutt mitten durch das Dorf geflossen. Unbeschreiblich wie es aussah, ganze Häuser und Hotels waren weggerissen oder voll mit Schutt, dabei wurde ja schon fast zwei Tage lang ununterbrochen aufgeräumt.  Wir hatten dann sogar noch Glück, denn der letzte Rest Schutt wurde von der Durchfahrtsstraße geräumt und wir konnten nach kurzer Wartezeit weiterfahren. Wir durften sogar mit polizeilicher Erlaubnis die normalerweise für Fahrräder gesperrte Schnellstraße fahren, obwohl der Polizist angesichts unserer beladenen Räder meinte "so gut trainiert wie ihr ausschaugts, könntet's ihr eigentlich auch die hügelige Nebenstrecke nehmen".

--- Auf gesperrten Strassen Richtung Landeck ---

Doch wir wollten heute keine zusätzlichen Höhenmeter mehr fahren und wählten die so gut wie leere - da ja ebenfalls gesperrte - Schnellstraße. So kamen wir recht zügig in Landeck an und haben jetzt unser Zelt auf einem Campingplatz mitten im Ort aufgebaut, den der nahe Bach zwei Nächte zuvor gerade noch verschont hat. Eine Reihe von Plätzen wurde zwar vom Hochwasser überflutet, aber der gesamte Platz wurde in der Nacht evakuiert und so ist hier glücklicherweise nicht viel passiert. Allerdings ist es schon etwas unheimlich hier, zumindest solange die Luftbrücke ins Kaunertal noch besteht, denn alle 3 Minuten fliegt ein Hubschrauber in wenigen Metern Höhe über den Zeltplatz.

Drei junge Radler aus Inningen haben jetzt ihr Zelt neben uns aufgebaut. Sie kamen heute über den Fernpass aus Reute, also ist der Pass offen und wir sollten das morgen auch schaffen...


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